Terra Anima Blog
Neuigkeiten und Erkenntnisse aus der Kompostwelt
Zuversicht
Zuversicht, Optimismus, Hoffnung
In den 1970er Jahren radelte ich mit meinen Freunden in den Nachbarort zur Schule. Treffpunkt war die Kocherbrücke. Der Kocher mit einer Länge von ca. 170 km ist der zweitgrößte Nebenfluss des Neckars. Ich erinnere mich auch noch gut an die Schaumkronen auf dem Flüsschen. Flussaufwärts lag die Stadt Aalen mit entsprechenden Industriegebieten, eine Papierfabrik, eine Textilfärberei und natürlich Landwirtschaft. Seit Jahrhunderten siedeln Menschen an Flüssen und nutzen das fließende Wasser zur Entsorgung der Abwässer. Die Schaumkronen auf dem Kocher entstanden damals durch den Eintrag von Wasch- und Reinigungsmitteln, die durch das Abwasser der Färberei in allen möglichen Farben auftraten.
Zwar waren die biologisch nicht abbaubaren Detergentien, das sind waschaktive Stoffe, wie z.B. Tenside, bereits 1962 in der BRD verboten worden, aber der Phosphatgehalt der Waschmittel und der phosphathaltige Dünger der Landwirtschaft erzeugten diesen Schaum.
Der Fluss war biologisch tot.
Nachdem bei einem immer größeren Teil der Bevölkerung ein Bewusstsein für diese Problematik entstand und man natürlich auch wusste, dass Krankheitskeime, Bakterien und Gifte die Menschen schädigen, sucht man nach Lösungen. Eine Lösung waren Kläranlagen mit deren Bau bereits in der 1960er Jahren begonnen wurde. Heute, ein halbes Jahrhundert später, sind diese Zustände nicht mehr vorstellbar. Viele Bach- und Flussabschnitte wurden renaturiert, die Wasserqualität hat sich verbessert und einige Fischbestände haben sich erholt.
Auf den ersten Blick also eine Erfolgsgeschichte!
Daher der zweite Blick:
Die Binnengewässer in Mitteleuropa machten drei grundlegende Veränderungen in ihrer Natur mit. Die erste war die strukturelle Vereinheitlichung durch Begradigung und Kanalisierung, die die Flüsse auch größtenteils ihre Auen kostete.
Die zweite Veränderung brachte der Aufstau mit sich, der aus viele Flüssen ganze Ketten von Stauseen machte.
Die dritte große Änderung verursachte der Entzug organischer Reststoffe aus dem Abwasser durch die Kläranlagen. Diese Reststoffe sind Blätter oder pflanzliche Stoffe die ursprünglich aus den Auen stammen und Nahrungsgrundlage für Kleintiere, Muscheln und Fische war. Sie existieren nicht mehr.
Ein weiteres ungelöstes Problem ist der hohe Gehalt an Hormonen und Arzneimittelrückständen in unserem Abwasser, den die Kläranlagen nicht ausfiltern können.
Es gibt also noch viel zu tun, aber ich bin zuversichtlich. „Wir müssen nichts radikal verändern, sondern einfach nur mehr von den positiven Dingen tun, die wir ohnehin schon tun.“ (Vince Ebert).
Die Zuversicht ist übrigens der Optimismus des Tätigen, der aktiv versucht, die Dinge in die nach bestem Wissen und Gewissen für richtig erkannte Richtung zu lenken. Erst aktive Mitarbeit an der Lösung von Problemen führt zu umfassendem Problembewusstsein und nur das taugt als solide Grundlage für Hoffnung.
Wir brauchen mehr Offenheit und mehr Optimismus, um die Probleme der Zukunft anzugehen.
In diesem Sinne grüßt Sie Ihr Horst Wagner
Hallo, genau dasselbe Szenario der Flüsse in derselben Zeit kenne ich von Kanufahrten auf Flüssen innerhalb der damaligen DDR. Bunt waren die meisten Flüsse und hinter jedem Wehr teilweise mannshohe Schaumkronen, die schlimmsten Flüsse stanken nicht nur verfault vom Schlamm, sondern auch von Fischkadaver. Nur Ratten schafften es, in diesem „Wasser“ zu existieren.
Seit der Wende gibt es viele Fischtreppen an Wehren. Das verdanken die Fische aber nicht dem Großmut der neuen Wehrbesitzer, sondern vor allem dem beharrlichen Fordern seitens des Anglerverbandes.
Sauber wurden die Flüsse vor allem so schnell, weil die Textilindustrie und andere Schmutzeinleiter abrupt pleite gingen nach der Wende.
So, wie unsere Flüsse aussahen und stanken, ist der heutige Stand der Flüsse in Indien, China etc., weil dort wiederholt wird, was hier überwunden wurde. Das ist das betrübliche Fazit der Umverlagerung dieser Industrien.
Hallo Herr Kroll,
da muss ich Ihnen völlig zustimmen! Das Problem fängt bei der Textilindustrie an und hört bei E- Autos auf.
Unser Dreck und Umweltverseuchung wird einfach in andere Länder verlagert, in denen keine oder nur geringe Umweltstandards existieren. Das ist einfach untragbar!
Genau so der Müllexport usw. suggeriert eine saubere Umwelt, die aber nur territorial sauberer ist.
Auch werden Gifte einfach in anderen Ländern verkauft, die bei uns schon längst verboten sind. Die Moral vieler Firmen lässt zu wünschen übrig!
MfG Ines F.
Hallo Herr Kroll,
meine erste Reise in die DDR war im Februar 1990 und zwar nach Meißen, Dresden und die Sächsische Schweiz. Die Landschaft im Elbtal hat mich begeistert! Darum bin ich auch hier geblieben. Aber die Wasserqualität der Elbe hat mich entsetzt. So eine Dreckbrühe hatte ich zuvor nicht gesehen. Auch die Luftqualität war erschreckend. Die Abgase der Zweitakter, LKW´s und der Ofenheizungen waren unbeschreiblich. Die Emissionen gingen seit dem rapide zurück, die Staubbelastung sank um über 80%, Schwefeldioxid sogar um 95%, Kohlenmonoxid um 78% und Kohlendioxid um 30%. Das wiedervereinigte Deutschland konnte so seine Klimaziele (ohne Zutun des Westens) einhalten.
Aber Sie haben Recht, der Preis war eine große Pleitewelle und das Problem wurde umverlagert.
Viele Grüße, HW
Sehr geehrter Herr Wagner
Auch diesmal wieder vielen Dank für Ihre Ausführungen. Ich freue mich immer sehr über Ihre Mails. Bei all der Oberflächlichkeit in dieser Zeit immer wieder sehr beruhigend, dass Sie sich die Zeit nehmen und sich Gedanken zur Verbesserung unseres Lebensumfeldes machen. Manchmal fühlt man sich mit seinen eigenen Bemühungen doch ziemlich unverstanden. Ich wünsche Ihnen eine schöne Vorweihnachtszeit. HG Müller
Hallo Herr Müller,
vielen Dank für Ihre Worte, über die ich mich sehr freue.
Auch für Sie eine schöne vorweihnachtliche Zeit und LG.
Hallo zusammen,
im Bereich Kläranlagen, Arzneimittel und Sanitär gibt es viel Leben im Schatten der laufenden Zentralisierungs- und Technisierungsdynamiken der großen Player.
So werden schon seit jahrzehnten in ländlichen Regionen Abwässer dezentral in Klein- und Pflanzenkläranlagen gereinigt. Kleine Anlagen „melden“ problematische Einleitungen sofort zurück, da gehen die Menschen viel bewusster mit ihrem Abwasser um – Bewusstseinsbildung.
Insbesondere die Pflanzenkläranlagen filtern auch Arzneimittelrückstände heraus und erreichen meist sehr gute Ablaufwerte (in unserer Firma Brochwitz GmbH sind sie meist unter den besten). In Frankreich werden viele Tausend davon jedes Jahr gebaut. Und die Alpenhütten machen es vor: Man kann die Anlagen statt konventionell mit Kies auch mit unaktivierter Pflanzenkohle befüllen oder z.B. eine Fäkalkompostierung oder Urinabscheidung mit Pflanzenkohle vorschalten. So entstehen autarke Wassersysteme.
Wichtig dabei: Dezentrale Anlagen mit lokaler Versickerung leiten das gereinigte Abwasser nicht in Flüsse, sondern halten es direkt in der Region. Wie wichtig das in diesen Zeiten ist, erschließt sich von selbst.
Noch weiter gehen neue Ansätze der Sanitärwende: Wenn Ausscheidungen gar nicht erst in den Wasserkreislauf gelangen, entsteht das Problem mit den Arzneimitteln auch nicht, und die Nährstoffe können zurückgewonnen werden. Die Heißkompostierung baut die Arzneimittel ebenfalls ab. Beim Einsatz der Trockentrenntoiletten spielt Pflanzenkohle eine wichtige Rolle. Mehr dazu auf https://www.naehrstoffwende.org/
Spannende Einblicke in Praxisprojekte liefern aktuell der Film und das Buch „Holy Shit“, sehr empfehlenswert!
Erste Kommunen projektieren bereits Neubaugebiete mit solchen Lösungen, da ist Dynamik drin!
Beste Grüße zum Advent,
Susanne Hofmann-Souki
Hallo Frau Hofmann-Souki,
danke für Ihre Informationen, die ich hier gerne veröffentliche.
Es macht mich zuversichtlich!
Viele Grüße
Horst Wagner