Terra Anima Blog
Neuigkeiten und Erkenntnisse aus der Kompostwelt
Warum unsere Landwirtschaft reformiert werden muss
Bodenerosion im Schlepptau moderner Landwirtschaft
Schäden durch Bodenerosion
Mitte April 2011 ereignete sich eine spektakuläre Massenkarambolage auf einer Autobahn in Mecklenburg-Vorpommern mit 8 Toten und 40 Verletzten. Der Auslöser war ein Sandsturm der zu schlechten Sichtverhältnissen führte. Er kam aus den Weiten mecklenburgischer Äcker. Die sind nämlich so rationell geschnitten, dass man mit größten Maschinen größte Flächenleistung bekommt.
Und sie bieten jede Menge Angriffsfläche für den Wind, der dort nichts anderes macht als in der Mongolei, in Zentralafrika oder dem amerikanischen Mittelwesten, nämlich Dünenbildung und Bodenverwehungen. Neben falschem Ackerbau kann auch Überweidung oder Versalzung Ursache der Erosion sein.
In der Summe aller Degradationsformen verliert die Menschheit auf diese Weise jedes Jahr fruchtbare Böden im Umfang von 10 Millionen Hektar – fast so viel wie die gesamte Ackerfläche der Bundesrepublik Deutschland! Die Vereinten Nationen schätzen, dass zwischen 1950 und 1990 ein Drittel aller fruchtbaren Böden weltweit durch Degradation verlorengegangen sind!
Die durchschnittliche Erosionsrate liegt, laut einer Studie der University of Michigan, innerhalb der vergangenen 500 Millionen Jahre bei etwa 2,5cm pro Jahrtausend.
Heute wird die gleiche Menge in durchschnittlich weniger als 40 Jahren von den Äckern getragen – also mindestens mit der 20fachen Geschwindigkeit. Derzeit ernähren rund 1,5 Milliarden Hektar Kulturland etwa 7 Milliarden Menschen.
In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts verdoppelte sich die Nahrungsmittelproduktion. In erster Linie war dies auf eine Erhöhung der Stickstoffgaben um das 7fache und einen Anstieg der Phosphorgaben um das 3,5fache zurückzuführen.
Es ist jedoch nicht möglich dieses Kunststück zu wiederholen, da Pflanzen nur eine gewisse Menge an Düngemittel verwenden können. Selbst eine Verdreifachung der Düngemittelgaben bringt kaum etwas, wenn die Böden bereits mit biologisch verwertbaren Stickstoff und Phosphor gesättigt sind.
Da unsere Kulturpflanzen noch nicht einmal die Hälfte des Stickstoffs aufnehmen können, der ihnen von Landwirten gegenwärtig verabreicht wird, wäre es geradezu unsinnig, die Gaben noch stärker zu erhöhen – selbst wenn dies möglich wäre.
Wie Pflanzen optimal Nährstoffe aufnehmen können, lesen Sie im Blogbeitrag Pflanzenpracht mit Mykorrhiza.
Was bedeutet das für unsere Landwirtschaft?
Es liegt auf der Hand das wir uns hart an der Grenze bewegen. Verhaltensweisen der Vergangenheit auf die Zukunft zu übertragen, führt ganz gewiss ins Verderben. Was wir brauchen ist ein neues Landwirtschaftsmodell, eine neue Landwirtschaftsphilosophie.
Die philosophische Grundbotschaft der neuen Art der Landbewirtschaftung ist, dass Boden ein an den jeweiligen Standort angepasstes biologisches System ist und kein chemischer Reaktor.
Die ihr nahestehenden Wissenschaften sind die Biologie und die Ökologie und nicht die Chemie oder die Genetik. Agrarökologie wurzelt in den komplizierten Wechselbeziehungen zwischen Boden, Wasser, Pflanzen, Tieren und Mikroorganismen.
Die weltweite Abholzung der Wälder und die Überfischung der Meere sind offensichtliche Beispiele für den Raubbau an unseren Ressourcen – doch der fortschreitende Verlust des Bodens, der uns über 95% unserer Nahrung liefert, ist noch von viel größerer Bedeutung!
Unsere globale Industriegesellschaft kann nur überleben, wenn es uns gelingt eine postindustrielle Landwirtschaft zu etablieren.
Hier habe ich einen kleinen Auszug des Buches „Dreck – Warum unsere Zivilisation den Boden unter den Füßen verliert“ von David R. Montgomery. Darin finden Sie weitere Informationen.