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Neuigkeiten und Erkenntnisse aus der Kompostwelt

Flächenverbrauch und Bodendegradierung

von | 13.12.23 | Allgemein | 1 Kommentar

Aktivierung und Purifikation der Pflanzenkohle

Nachhaltige Landwirtschaftsmethoden zur Entschärfung von Umweltproblemen

In Deutschland wird zu viel Fläche verbraucht: täglich rund 55 Hektar Landschaft für Gewerbe, Wohnungsbau, Verkehr und Erholungsflächen. Das entspricht etwa einem Einfamilienhaus pro Minute. Dagegen dauert es 2.000 Jahre, bis zehn Zentimeter fruchtbarer Boden entstehen. (Quelle: NABU )

In den nächsten Jahren könnte sich dieser Trend noch deutlich beschleunigen. Eine neue Studie des Thünen-Institutes prognostiziert ein Flächenverlust von über 100 Hektar pro Tag in Deutschland. Das entspricht der Größe von mehr als 140 Fußballfeldern. Der Verlust von 300 000 Hektar Ackerfläche bis 2030 wird befürchtet. Die Politik hat Großes vor: Aufgrund der aktuellen Wohnungsnot werden bis 2030 mehr als 200 000 Hektar für neue Siedlungs- und Verkehrsflächen benötigt. Und dann gibt es ja noch die Energiewende: Der geplante Ausbau erneuerbarer Energien, vor allem Windräder und Freiflächenphotovoltaik, benötigt nochmals geschätzt 100 000 Hektar. Hinzu kommen Projekte zum Biodiversitäts- und Klimaschutz, bei denen auch landwirtschaftliche Flächen durch Wiederaufforstung oder Wiedervernässung von Mooren verloren gehen. (Quelle: pflanzenforschung.de )

Bereits 2016 veröffentlichte die FAO, also die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen einen Bericht über Land- und Bodendegradation in dem die Aussage getroffen wurde, dass unsere Böden noch maximal 60 Ernten bringen können. Dieses Zukunftsszenario wird von Experten als realistisch eingeschätzt – und zwar, wenn wir an unserer Landbewirtschaftung nichts ändern!
Land- und Bodendegradation bedeutet, dass die Qualität des Bodens sinkt und damit auch die Leistungen, die dieser Boden für uns Menschen erbringen kann, etwa in Form einer guten Ernte.

Laut Definition der Vereinten Nationen können sechs spezifische Phänomene dazu beitragen: Wassererosion, Winderosion, Vernässung und Versalzung, chemische Degradation, physikalische Degradation und biologische Degradation. Bodendegradation kann natürliche Ursachen haben, ist aber in zunehmenden Maße vom Menschen verursacht. Einseitiger Anbau, falsche Bewässerung, Einsatz von Pestiziden, Versiegelung durch Bebauung oder übermäßige Nutzung stören das biologische Gleichgewicht und können Böden unbrauchbar machen.

Degradierte Böden können die Ökosystemleistungen, also Leistungen, die uns Menschen von der Natur bereitgestellt werden, nicht mehr oder nur noch eingeschränkt erbringen. Dazu gehören: Wasserspeicherung, Wasserreinigung, Pflanzenwachstum in der Land- und Forstwirtschaft, Klimaregulierung, Lebensraumbereitstellung für Pflanzen und Tiere sowie die Bewahrung der Nährstoffkreisläufe.

Das sind erst mal ziemlich deprimierende Aussichten. Aber man hat das Problem erkannt und man ist beim Bodenschutz im landwirtschaftlichen Bereich sensibler geworden, um es mal vorsichtig optimistisch zu beschreiben.

Eine Lösung ist Permakultur. Permakultur in der Landwirtschaft bedeutet, natürliche Ökosysteme und Kreisläufe möglichst exakt nachzuahmen. Sie stellt eine nachhaltige Bewirtschaftung dar und wird sowohl in Privatgärten als auch in mittelgroßen landwirtschaftlichen Betrieben praktiziert.
Ziel der Permakultur ist es, eine dauerhafte Bewirtschaftung zu gewährleisten, ohne mit chemischen Pflanzenschutzmitteln oder Wachstumsbeschleunigern in die natürlichen Prozesse einzugreifen. Im Mittelpunkt steht dabei die Kultivierung eines fruchtbaren, artenreichen Bodens, etwa durch nachhaltige Beweidung, ökologische Düngung und Bepflanzung mit aufeinander abgestimmten Arten. Alle Teile des ökologischen Systems werden dabei mit einbezogen: Die Kühe auf der Weide zum Beispiel werden mithilfe eines ganzheitlichen Weidemanagements (holistic grazing management) gehalten, in dem die Aspekte von Klimaschutz, Bodenfruchtbarkeit und Tierwohl vereint sind. Sie verbessern gleichzeitig die Versorgung der Bodenorganismen mit Nährstoffen. Ein Agroforststreifen am Rande der bewirtschafteten Fläche, bestehend aus Bäumen, Sträuchern und Blumen, bietet nicht nur einer Vielzahl von Nützlingen Raum, auch der Boden des Feldes, an das er grenzt, profitiert über die verschiedenen Wurzellängen. Mit solchen Ansätzen soll Nachhaltigkeit bei hohen Erträgen erzielt werden.

Um die Problematik der derzeitigen Bodenbewirtschaftung zu erläutern blicken wir einmal in den Boden: Bodenlebewesen schließen den Kreis des Lebens. Wenn Pflanzen, Tiere oder Pilze sterben, werden sie von ihnen zersetzt, sodass daraus wieder Nährstoffe für neue Pflanzen entstehen. So speist das alte Leben immer wieder neues.
Der Fachausdruck für alles was im Boden lebt ist Edaphon. Kleine und kleinste Tiere etwa, die Mikrofauna, höchstens 0,2 Millimeter groß. Dazu zählen Geißel- und Wimperntierchen, Fadenwürmer und Einzeller. Sie fressen Pilze und Bakterien und düngen mit ihren Ausscheidungen die Pflanzen. Die Tiere der Mesofauna sind etwas größer, immerhin bis zu 2 mm groß. Springschwänze, Milben oder Fadenwürmer. Sie fressen die kleineren, binden Nährstoffe und Wasser und sind Beute für die Makrofauna. Dazu gehören etwa Schnecken, Spinnen, Asseln und Käfer. Weil sie vergleichsweise groß sind, über 2 mm, verstoffwechseln sie auch viel Nahrung und sind deshalb die Leistungsträger bei den Abbauprozessen im Boden. Noch größer sind die Tiere der Megafauna. Der bei Gärtnern beliebteste Vertreter dieser Klasse ist der Regenwurm, weil er bei der sogenannten Bioturbation den ganzen Boden auflockert und verbessert. Maulwürfe, Mäuse und weitere „Mega“-Tiere komplettieren das Edaphon. (Quelle NABU)

Alwin Seifert beschreibt in seinem Buch „Gärtnern, Ackern ohne Gift“ einen französischen Bauern der allmorgendlich die Erdhäufchen der Regenwürmer mit einer Schaufel aufsammelte. Nach dem Sinn seines Tuns befragt, antwortet er: „Le bon Dieu – der liebe Gott weiß, wie man fruchtbare Erde macht und er hat das Geheimnis den Regenwürmern anvertraut“.

Kunstdünger, Spritzmittel und Bodenverdichtung zerstören diesen Lebensraum. In Europa gehen dadurch etwa eine Milliarde Tonnen Boden jedes Jahr verloren! Um die Dimension von einer Million und einer Milliarde ins Verhältnis zu setzen, hier ein Beispiel: 1 Mio. Sekunden entspricht etwa 11 Tagen; 1 Mrd. Sekunden über 30 Jahre.

Das ist nicht nur schlimm für die Landwirtschaft, sondern begünstigt auch Flutkatastrophen, da der Boden seine Fähigkeit Wasser zu speichern dramatisch verliert. Dazu abschießend noch zwei Zahlen: Ein Hektar humusreicher Boden kann etwa eine Million Liter Regenwasser speichern, die degradierten Böden nur noch ca. 200.000 Liter, also nur ein Fünftel.

Die Probleme sind also bekannt, es gilt jetzt an Lösungen zu arbeiten.

Ich wünsche uns allen eine entspannte Adventszeit, fröhliche Feiertage und einen gesunden Start ins neue Jahr!

Ihr Horst Wagner